Freitag, 19. Juni 2009

Ein Lied über Zensur

Wir bitten niemanden Politiker zu exekutieren,
oder falsche Tausender zu drucken.
Wir sind auch garantiert die Letzten, wenn's ums Kinderficken geht,
oder darum den Papst anzuspucken.
Da schwör ich Stein und Bein.
Nein, nein, nein,

Wir singen nur ein Lied über Zensur.
Ja, dies ist nur ein Lied über Zensur.
["Ein Lied über Zensur", Die Ärzte]

Ja, es ist tatsächlich passiert. Ein wesentlicher Bestandteil einer Demokratie wurde in der deutschen abgeschafft. Der Weg für eine rückhaltslose und unkontrollierbare Zensurinfrastruktur wurde geschaffen und zeitgleich auch damit auch sämtliche Gewaltenteilung eingestampft, die eine Demokratie stark macht. Das BKA findet, urteilt und richtet über Internetseiten und wird sie dem Verkehr entziehen. Wozu man frühe noch Richter brauchte, nämlich zum Urteilen, ob eine Veröffentlichung rechtens ist oder nicht, wird heute ein Kriminalbeamter genommen, der keine fundierte Juraausbildung hat und keinem Rechenschaft schuldig ist.

Dagegen stimmten Linke, Grüne, FDP sowie drei SPD-Abgeordnete mit Rückgrat - inklusive "mein" Abgeordneter Stefan Reiche (Bildungsminister BB a.D.), dem ich damals eine eMail schrieb mit den Fakten (auch wenn ich sicher nicht der Auslöser war) und soeben auch eine Dankesmail.

Der nächtliche Tiefpunkt wurde erreicht, als soeben bekannt wurde, dass die Abstimmung sogar über den Entwurf vom 05. Mai lief - so zumindest aktuell noch in dem Protokoll verlinkt. Dies würde heißen, dass alles noch viel schlimmer ist, da dort die Zugeständnisse der letzten Wochen nicht drin stehen und somit auch die Speicherung der Stopp-Schild-Finder erfolgt. Der Kampf und die Gespräche der letzten Wochen wären absolut umsonst gewesen. Aktuell hoffen wir auf einen Tippfehler. Alles andere wäre nicht nur völlig unrechtens, wie eh schon, sondern zudem dreist und hinterrücks.

Und wie als Beweis der Befürchtungen flattert knapp eine Stunde nach Beschluss die erste Mehrforderung durchs Netz, mit der gleichen sinnlosen Argumentation vom "rechtsfreien Raum":


18.06.2009 - 21:20 Uhr, Kölner Stadt-Anzeiger

Köln (ots) - Der CDU-Bundestagsabgeordnete und baden-württembergische CDU-Generalsekretär Thomas Strobl will über die Sperrung kinderpornografischer Seiten im Internet hinausgehen und hat auch die Sperrung von Killerspielen ins Gespräch gebracht. "Wir prüfen das ernsthaft", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag-Ausgabe). "Wir gehen nach Winnenden nicht zur Tagesordnung über. Wenn es einen Nachweis gibt, dass sich Killerspiele negativ auf das Verhalten Jugendlicher auswirken, dann kann das Internet kein rechtsfreier Raum sein."

An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass ich noch keine offizielle KSTA-Quelle zu dem Bericht gefunden habe.
PS: Strobl ist der Schwiegersohn vom Schäuble!

Wir leben nun in keiner echten Demokratie mehr; ab wann greift nun Art.20 Abs.4 GG? Hoffen wir vorerst - wie immer - auf das Bundesverfassungsgericht...

(Trauergewand)

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