Samstag, 3. Juli 2010

Warum "Bademeister" eine Beleidigung ist

Vorweg möchte ich anmerken, dass ich jeden, der einen Job in öffentlichen Bädern verrichtet, respektiere und auch seine Arbeit nicht in den Schmutz ziehen möchte. Allerdings kenne ich leider mehr schwarze Schafe in diesem Metier als weiße... Bitte, und das meine ich Ernst, bitte überzeugt mich vom Gegenteil!

"Und das hier ist Zottel, unser Bademeister."
Bei diesem Satz im Ferienlager unterbreche ich generell eine Vorstellungsrunde und weise freundlich aber bestimmt auf den Umstand hin, dass ich im Leben nie Bademeister war und ich doch lieber als Rettungsschwimmer tituliert werden möchte. Oftmals steht man dann als Krümelkacker da, doch die Bezeichnung "Bademeister" hat aufgrund zahlreicher Erfahrungen einen faden Beigeschmack für mich.


Als kleiner Knirps sprang man in Schwimmbädern rum, tobte im Wasser und hatte seinen Spaß. Doch stets wurde er gebremst: "Nicht vom Beckenrand springen! Bitte nicht spritzen!" Gut gemeinte Hinweise und sicherlich mit Daseinsberechtigung. Doch die Stimme gehörte stets einem Macker, dem man ansah, dass das Zurechtweisen von Kindern die einzige Möglichkeit in seinem Leben war, Macht auszuüben. Oft genug drangen die Stimmen aus alten, dicken Bäuchen, denen man nicht zutraute, auch nur 100m im Wasser sprinten zu können, wenn es drauf ankam. Bademeister habe ich oft als selbstgefällige Gestalten kennengelernt, die ihren Job voll Missmuts ausüben. Klar kann ich verstehen, dass es mürbe machen kann, wenn man Tag für Tag an einem Becken sitzt, vollgestopf mit irgendwelchen Rotzgören und das Highlight des Tages darin besteht, den Sprungtum zu öffnen. Dennoch haben sie in erster Linie die Hauptaufgabe, Verletzungen und Unfälle zu vermeiden oder im Falle des Falles sofort eingreifen zu können. Bademeister sind Rettungsschwimmer. Oder sollten es zumindest sein...

In einem recht zarten Alter trieb ich mich des Sommers recht regelmäßig mit Schulkameraden im Freibad rum. Kleine Becken, entsprechend gut gefüllt. Eine Herausforderung für jeden Wächter. Kann ich aus Erfahrung sagen, ich habe so manches Wochenende über einen ganzen Strand wachen müssen. Die Bademeister aber fläzen sich gemütlich unter einem Sonnenschirm, bringen die seltsamsten Ansagen an Kiddies, die nicht beachtet werden, und können von ihrem Sitzplatz aus garantiert nicht das Treiben beobachten. Statt dessen hauen sie sich die Wampe mit Pommes voll, und machen sich einen Spaß daraus, jeden möglichen Scheiß durch die Freibadlautsprecher zu bringen:

- "Du da hinten, in der roten Badehose. Hier wird nicht gerannt." (Klar, der eine mit der Nase im Gesicht - ääh der roten Badehose fühlte sich bestimmt angesprochen.)
-
"Bayern führt 1:0!" (Nein, Freisprecher sind keine Radios, sondern Notfallgeräte)
Und natürlich passierte es schließlich, dass sich eines Tages eine Person verletzte. Vom Sprungturm abgerutscht, den Kopf am Beckenrand geschlagen und das Becken vollgeblutet. Anstatt sofort auszurücken taten die Herren und Damen auf der anderen Seite das, was man erwartet: Nix. Klar, können sie ja nicht gesehen haben, sie saßen nicht auf ihrem Turm. Und natürlich hatten die kleinen Kiddies, die die ganze Zeit angeschnauzt wurden auch Hemmungen, Bescheid zu geben. Es dauerte dann etwa 15 Minuten, bis endlich mal ein Erste-Hilfe-Koffer zur Stelle war. Natürlich nicht ohne Diskussionen.

Doch warum komme ich gerade auf dieses Thema? Nun, ich war letzte Woche mit einem Freund in der Schwimmhalle. Man stelle sich folgende Situation vor: Ein normales 50m Becken, besagter Freund recht nah am Rand unterwegs, etwa auf Höhe der Bademeister, derer 3 Stück. Ich habe sie noch nie etwas anderes machen sehen, als den Sprungturm zu öffnen und zu schließen.
Aufgrund der Anstrengungen des - ich nenn es mal Training - entwickelte sich bei meinem Freund ein handfester Krampf in der Wade. Unerfahren mit solchen Sachen kann man gut mal in Panik verfallen. Glücklicherweise spielten wir diese Situation kurz vorher durch. Dadurch ist nicht viel passiert. Dennoch strampelte 5m vor Augen der Bademeister ein augenscheinlich unerfahrener Schwimmer mit schmerzverzerrtem Gesicht unkoordiniert auf der Stelle. Wenn ich daran denke, dass wir im Rettungsdienst schon wegen deutlich weniger eine Komplettmannschaft mobilisierten, finde ich das skandalös. Ich war dann auch zur Stelle, er konnte sich aus dem Wasser hieven. Ich machte mich dann auf der Stelle an die Behandlung, was naturgemäßig anfangs zu noch mehr Schmerzen führen kann. Nachdem ich also schon geschlagene 5 Minuten an dem Bein rumwerkelte, schlenderte doch tatsächlich mal eine von denen, deren Job es ist, Hilfe zu leisten, zufällig vorbei und bequemte sich dann doch mal zu fragen, ob alle OK sei. "Klar, er schreit nur so 5m vor Ihren Augen auf, weil er gleich einen Gesangswettbewerb bestreitet. Wie? Sie kennen noch nicht die stimmfördernde Wirkung von Wadenmassagen?" Idiot. Ich hatte leider kein Schild für sie dabei.

Nein, das hat mich doch schon reichlich geschockt. Ich meine, sie haben wirklich nicht den spannendsten Job der Welt. Aber dennoch haben sie aufzupassen. Sie müssten sich eigentlich mal freuen, wenn etwas passiert - war bei uns jedenfalls so. Aber diese Situation hat mir mal wieder gezeigt, dass Bademeister mit dem Ernstfall überfordert sind. Zumindest habe ich das noch nie anders erlebt.
Ich bin Rettungsschwimmer, kein Bademeister!

1 Kommentar:

NeoAtlantis hat gesagt…

Kenn ich auch. Ich geh ja mittlerweile regelmäßig zwei mal die Woche schwimmen und da gibt es auch einen etwas korpulenteren Herren, dem ich auch nicht zutrauen würde, im Ernstfall prompt etwas zu unternehmen. Wenn ich schon sehe, wie der den 30m Weg zum 3m Turm "meistert"... Oh mann...