Freitag, 1. April 2011

Grundschule heute und damals

Ich bin am Freitag von meiner besseren Hälfte zu ihrem letzten Praktikumsplatz geschleift worden, einer Grundschule einer brandenburgischen Kleinstadt. Dort ging gerade eine Projektwoche zu Ende und stolze Kinder präsentierten noch stolzeren Eltern ihre Ergebnisse.
Als wir ankamen, war das Gewusel in vollem Gange. Nun ja, die Kolleginnen begrüßten sie aufs herzlichste, was mir die Zeit gab, mich in verschiedensten Klassen- und Präsentationsräumen umzuschauen.

Angefangen hatte die Tour bei einem Regenwurmprojekt. Strahlend wurde uns ein Regenwurmquiz in die Hand gedrückt. Natürlich verfiel ich sofort in die Zottelrolle und gefiel mir darin mal wieder :D War schon lustig. Thematisch ging es weiter mit Fossilien und Naturkatastrophen und Sand. Überall schaute ich mir die ausgestellten Plakate in Flur und Räumen an...

Es ist verdammt gruselig zu sehen, was Kinder heutzutage in der Schule fabrizieren. Hingeschmierte Texte, durchgestrichen, gekrakelt und zudem randvoll mit Rechtschreibfehlern. Zum Vorbeugen von Missverständnissen: Es waren in der Tat Projektarbeiten, die auf 4. Klasse und höher schließen lassen konnten. Es war kaum eine Arbeit oder eine ausgestellte Mappe dabei, die mir meine Eltern oder Lehrer nicht um die Ohren gepfeffert hätten. Unglaublich, was da teilweise abgegeben wurde. Tagebücher, deren Tagesbeschreibung aus einem halben Satz bestand, Quizfragen für Besucher an der Tafel, die nicht einmal Leute entziffern konnten, die tagtäglich mit Kindern zu tun haben. Und sowas wurde ausgestellt, als Beweis für die Eltern, was mit den Kindern in der einen Woche erreicht wurde!

Zu meiner Zeit war es ein harter Kampf, zu den ausgestellten Schülern zu gehören. Dazu gehörten saubere Arbeiten, korrekter Inhalt, was wiederum nur durch Unmengen an Fleiß zu bewerkstelligen war. Geschmierte Schriftstücke wurden nie ausgestellt und stets schlecht benotet.

Und heute? Da sind die Eltern noch so stolz auf ihre kleinen Sprösslinge, deren hingerotzte Ergebnisse nicht zuletzt für sie peinlich sein sollten. Und wie gesagt, das waren keine Einzelfälle. Diese bestanden andersrum eher in den wirklich guten Arbeiten, die zeigten, dass es auch heute möglich ist, ein sauberes Schriftbild zu entwickeln und ein wenig mehr Fleiß in die Plakate zu setzen, als aus der letzten Bild-Zeitung einen Artikel zu reißen, der entfernt etwas mit dem Thema zu tun hat. Ein Junge beispielsweise hielt einen Vortrag über die Aktivitäten der Klasse in der Projektwoche, untermauert von eigenen Fotos in einer Powerpoint-Präsentation. Es geht also, warum also erlauben Lehrer dann aber ein derart katastrophales Gesamtbild?

Ich sprach Anne daraufhin an, sie bestätigte mir meine Vermutung der Kinderverweichlichung mit etlichen Beispielen. So dürfen Lehrer wohl ihre Schüler nicht mehr beim Schreiben korrigieren, weil dies ja einen Eingriff in die freie Persönlichkeitsentfaltung des Kindes darstellen würde. Nur kein böses Wort, weil man das gleich als Missbrauch auslegen könnte. Korrekturen gibt es wohl erst ab Klasse 4. Und eine Förderung zu Hause? Fehlanzeige, die Ausreden der Eltern beinhalten im Wesentlichen, dass sie ja berufstätig seien und am Abend entspannen müssten. Keine Zeit mehr für das eigene Kind. Tolles System, was ist das Ergebnis? Kinder können nicht richtig schreiben, lesen, recherchieren. Dann verwundert mich auch nicht, dass die Kinder im Ferienlager immer bekloppter sind. Sie werden in der Schule und auch zu Hause nicht gefordert und gefördert. Klar, dass die von Konsolen, Computerspielen und Fernsehern beruhigten, ja gar betäubten Kinder nicht mehr 1 und 1 zusammenzählen können, keine fertigen Sätze mehr bilden und es auch nicht gebacken bekommen, aus zwei Stöcken und einer Schnur ein Holzschwert zu binden. Klar, dass Kinder sich irgendwann unterfordert fühlen und immer weniger Respekt vor fremden Menschen haben, sie wurden ja immer gelassen und nie korrigiert.

Und dann wundern sich die Ausbildungsbetriebe, dass Azubis immer weniger taugen. Total geniales Bildungssystem haben wir hier. Super.

4 Kommentare:

Anja hat gesagt…

Also wenn ich das sagen darf, wir korrigieren unsere Kinder und auch deren Fehler... da sich ja sonst auch keine Verbesserung einstellt!

Und wenn es an Ausstellungsstücke geht, dann sind es die, die man auch wirklich ausstellen kann...!

Schule ist nur leider nicht mehr nur ein Ort der Bildung und so steht bei manchen Kindern die Erziehung vor Ort im Fordergrund!!

Ich gebe dir mit deinen Ausführungen recht, dass vieles in der Gesellschaft schleift, aber es ist auch immer das, was Eltern daraus machen....was ich viel schlimmer finde, diese Kinder erleben das Ganze als nicht schwierig und wir wundern uns, dass sie keine Motivation und Anstrengungsbereitschaft mehr aufbringen.... leider werden auch diese Kinder einmal Eltern sein... und so versauen wir uns unsere Gesellschafft

Verrain hat gesagt…

Naja, also was die Schmiererei angeht, so kann ich meine Schrift heutzutage noch nicht loben ^^. Mehr Ordnung herrscht da bei den Zahlen (anders als bei den Buchstaben ^^), da wird jeder Bruchstrich mit Lineal gezogen etc. ^^

Was die Kinder angeht: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Und wenn du einen Haufen sozialschwacher Kinder in EINE einzige Klasse steckst, dann werden die immer auf ihrem Level bleiben.

S-Man hat gesagt…

@Anja: Full ACK
@Verrain:
Es geht nicht vorrangig ums eigentliche Schriftbild. Nicht jeder kann eine Sonntagsausgehschrift besitzen. Aber man kann sich auch als Kind bemühen. Aber es geht vor allem um die katastrophalen, ja nicht erkennbaren Inhalte.
Auch geht es nicht um eine Klasse voller Deppen, sondern um eine ganz normal durchmischte Grundschulklasse. Außerdem glaub ich, dass man selbst im schlimmsten Fall etwas ausrichten kann, wenn der Lehrer es will und nicht die Kiddies einfach machen lässt - was ja eigentlich das schockierendste war.

Phosphor hat gesagt…

Das kann in der Schule neben an schon wieder etwas anders sein. Süßes Beispiel: Die 5te Klasse hielt Vorträge über Hunderassen. Sie haben sich nach jedem Vortrag gegenseitig kritisiert mit Lob und Verbesserungsvorschlägen. Wenig später folgte ein Vortrag in einer 11ten Klasse: Halbarschig vorgetragen, lustlos, kein bisschen Präsentation und auf eine nette Kritik hin kam ,,Halt die Fresse.".