Donnerstag, 14. Oktober 2010

Brutale Exekutive

Fefe:

Lest euch das mal durch und denkt darüber nach, was für Schäden schon der alte Wasserwerfer in Stuttgart angerichtet hat. Das ist schon krass, was für Massenvernichtungsinstrumente unsere Politiker da anschaffen.

Bei Telepolis also:

Die Bereitschaftspolizeien der Länder werden mit neuen Wasserwerfern ausgerüstet. [...] In den Genuss der neuen Distanzwaffe kommen zuerst die Länderpolizeien in Hamburg, Berlin, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Zwei Fahrzeuge werden noch 2010 übergeben, drei weitere in 2011 ausgeliefert. Der Stückpreis liegt über 900.000 Euro, bis 2019 ist die Anschaffung 78 neuer Geräte für insgesamt 75 Millionen Euro geplant.
[...]
"Schluss mit lustig" frohlockt die Bild-Zeitung, in Polizeiforen freuen sich Polizisten auf einen baldigen Einsatz. Der Spiegel berichtet anlässlich der Auslieferung des Musterfahrzeuges, Beamte würden sich "balgen", um auf dem Kommandoplatz sitzen zu dürfen, und posierten für Fotos vor dem Gefährt. Kein Wunder angesichts des Designs, das laut BMI-Referatsleiter Achim Friedl "so gestaltet [ist], dass es Respekt einflößend wirkt" und einen "psychologischen Effekt" habe.
[...]
Die neuen Geräte haben 10.000 Liter Tankvolumen statt bisher 9.000, wiegen 31 Tonnen und sind sowohl größer wie auch länger als ihre Vorgänger. Auch die Motorleistung hat sich auf 408 PS erhöht. Wurde früher aus zwei Rohren geflutet, können Menschenmassen jetzt von zwei "Operateuren" aus drei Rohren beschossen werden. Zu den Features gehören "Wasserglocken" und "Wasserwände", hinter denen sich Polizisten unbemerkt nähern können. Die wohl bemerkenswerteste Neuerung besteht im möglichen Druck: die Kompressoren können einen rund ein Drittel höheren Wasserdruck erzeugen und mit 10 bar bis zu 3.300 Liter pro Minute verschießen.
[...]
Die fünf Besatzungsmitglieder haben es indes hinter fast unzerstörbaren Polycarbonatglasscheiben mit Standheizung, Klimaanlage und Kühlfach regelrecht gemütlich. Vor den eigenen Zwangsmitteln durch eine Außenluftfilteranlage geschützt, können dem Strahl sowohl CN- wie auch CS-Tränengas zugemischt werden. Hierfür werden insgesamt sechs Gas-Behälter à 20 Liter in einem Geräteraum bevorratet.

Seit ihrer Einführung in den 50er Jahren gehen Wasserwerfer-Einsätze mit heftigen Verletzungen auf Seiten der Beschossenen einher. Die Brutalität der Distanzwaffe wurde zuletzt während der Proteste in Stuttgart offensichtlich. Mehrere Demonstranten, auf die offensichtlich wahllos geschossen wurde, liegen in der Stuttgarter Augenklinik und werden ihr Augenlicht womöglich verlieren. Linsen wurden nach innen gedrückt, Lider zerrissen, die Netzhaut zerfetzt, der Augenboden oder fragile Knochen am Auge gebrochen.

Und um noch einmal Fefe zu zitieren:

Der Rentner, dessen Augen in Stuttgart Opfer der Wasserwerfer geworden sind, wird auf einem Auge blind bleiben. Und wird das jetzt Konsequenzen für die Polizei haben? Rücktritt des Polizeipräsidenten? Rausschmiss des Wasserwerferpiloten? Rücktritt des Innenministers gar, und des Ministerpräsidenten? Nein, natürlich nicht. Niemand muss in den Knast.
[...]
Update: Oh übrigens, wer denkt, krass, ein Auge verlieren, das ist ja wohl mindestens schwere Körperverletzung, dafür muss jemand in den Knast: Bei Heiligendamm hat auch schonmal einer ein Auge verloren, und was ist geschehen? Dreimal dürft ihr raten! Was immer geschieht bei Polizeigewalt in Deutschland!
"Ein bedauerlicher Unfall", erklärt die Rostocker Staatsanwaltschaft nach über zwei Jahren Ermittlungen.
Verfahren eingestellt. Wer da das letzte bisschen Glauben an den Rechtsstaat verliert, kann sich immerhin damit trösten, dass er nicht alleine ist.

2 Kommentare:

sman hat gesagt…

Geht nicht jemand, der sich dieser "Verteidigung" gewaltsam entgegenstellt, das Risiko ein, dass er verletzt wird?
Im Idealfall soll das Zeug ja nur eingesett werden, wenn von dem "Volk" eine höhere Verletzungsgefahr ausgeht als man durch die Verhinderung dessen anrichten könnte.
Dass dem nicht so ist sieht man ja an dem Beispiel Polizist, 23, erschlug Rentner, 103, In Notwehr (fei nach Otto)

Phosphor hat gesagt…

Was freu ich mich schon. Mal ehrlich, nur weil es Wasser ist muss es ja nicht harmlos sein. Und ab wann die solche Waffen gerechtfertigt finden ist ja auch mehr als willkührlich. Hui. Kastanien! Ich hätte einfach mit Kastanien zurück geschmissen. Aber eeegal. Ich hab ja eine Schutzbrille.