Tippen tippen tippen
Aufgrund zahlreicher Nachfragen schreibe ich nun einmal den Grund für die völlige Ereignislosigkeit hier.
Denn nicht nur hier passiert herzlich wenig, auch so komme ich quasi gar nicht mehr aus dem Haus. Daran ist in erster Linie die Zielgerade meines Studiums Schuld. Ja, ich schreibe nunmehr seit 2 Monaten an meiner Masterarbeit. Dafür beschäftige ich mich mit dem wunderschönen Thema "Online Advertising". Es geht also um die ganzen Werbeanzeigen, mit denen jeder, der keinen AdBlocker nutzt, genervt wird. Und den meisten unter euch dürfte schon aufgefallen sein, dass die Werbung immer irgendwie ansprechend sind. Auf Kochseiten finden sich Werbeanzeigen für Rezeptbücher oder Mietköche. Ihr habt euch gestern für den neuen LadyShaver interessiert und heute kommt am laufenden Band Werbung von Venus? Kein Zufall. Das nennt man personalisierte Onlinewerbung. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Für diese Personalisierung ist ein Haufen von Daten über euch, euer Nutzungsverhalten und derlei Dinge notwendig. Die werden mit jedem Klick und mittlerweile unter Umständen mit jeder Mausbewegung aufgenommen, registriert, gespeichert und ausgewertet. Google, als größter Werbeanbieter, weiß durch diese Analysen vermutlich mehr über euch und eure Psyche als ihr selbst. Und weil das alles böse ist, soll ich das abschaffen.
Naja, nicht ganz. Ich soll ja nicht das Internet zugrunde richten, dass sich großteils mit Werbung finanziert. Ich soll also einen Weg finden, die Personlisierung der Werbung zu erhalten, dabei aber keine Daten nach außen dringen zu lassen.
Soviel zur Theorie. Es gibt nun schon einige Schriften und Papers, die sich kluge Menschen oder einfach nur Unimitarbeiter, die ihre Stelle rechtfertigen müssen, verfasst haben. All diese Papers stopfen nur einen Teil möglicher Sicherheitslecks, lassen andere unbeachtet oder reißen gar mit ihrem tollen System neue. Meine Aufgabe besteht also genauer darin, die aktuellen Verhältnisse zu analysieren, welche Angriffsmöglichkeiten gibt es, was wird dagegen getan, welche Lösungen bieten die Modelle der klugen Leute, usw. Als Ergebnis kommt im Idealfall die perfekte Analyse heraus, die mit einem Blick offenbart, wie man die ganze Welt retten kann. Das ist vielleicht die Vorstellung meines Profs, oder so :D
Nun ja, das ursprüngliche Thema ist wirklich nicht uninteressant. Ganz am Anfang hieß es noch, dass ich mal rumlesen soll, es gäbe son paar Modelle und dann suche ich mir eines raus und baue ein Firefox-Addon, was genau das macht, was in dem Paper beschrieben ist. Und gut. Nun, es hat sich herausgestellt, dass das alles sehr viel komplizierter ist. Im Endeffekt habe ich inzwischen gut 60 wissenschaftliche Arbeiten gelesen, von einfachen Advertising-Modellen bis hin zu den Anfängen der Kryptografie. Ein Paper aus dem Jahr 1981 war sogar noch handgeschrieben. Es gibt deutlich mehr Arbeit, allein bei der Analyse und Zusammenfassung, als für eine Masterarbeit gut ist. Immerhin geht die nur ein halbes Jahr. Das heißt wiederum, dass ich irgendwo Abstriche machen muss. Allerdings kam an einer Stelle mein Prof und meinte, ich müsse mich in diese und jene Sache auch noch einlesen. Dabei war das konkrete Beispiel lediglich die Nachfrage nach einem Detail eines Details eines Details eines Papers, das von verschiedensten anderen Arbeiten schon niedergemacht und verbessert wurde. Aber vielleicht haben die anderen Autoren das Paper ja nur nicht verstanden und es ist Gott und kann alles richten. Deswegen lesen und nochmehr Detailarbeit. Und dann wäre noch schön, wenn ich dieses noch auswerte und jenes noch täte und für eine perfekte Masterarbeit müsse auch noch drittens gemacht werden. Das führte vor 2 Monaten dazu, dass ich 3 volle Tage darauf verwendete, ein Skript zu schreiben, welches 1Mio. (!) Webseiten nach einer Datei durchsucht und dieses Sammelsurium auch noch analysierte. Und ich weiß bis jetzt nicht, wozu ich das jemals in meiner Arbeit verwenden sollte. Wird vermutlich eine Fußnote, nur um zu zeigen, dass ichs gemacht haben.
Nun ja, lange Rede... Ich sitze seit Monaten ununterbrochen in meinem 16qm-Zimmer, schlafe, esse, und arbeite darin. Ist wie Knast. Ich komme nicht mehr raus. Nichteinmal ein Büro habe ich und in der Bibliothek fehlen mir einfach zu viele Notizen, die hier mittlerweile die Hauptdekoration über meinem Bett ausmachen. Mein Alltag verschiebt sich hin dazu, gar nicht mehr aus dem Bett zu kommen, weil da sind meine Notizen, schreiben kann man auf dem Notebook und die Papers lesen sich auch viel bequemer. Mittlerweile bin ich bei Aufwachen um 14:00h und Schlafen um 3:00h. ist schon krank, ich weiß. Das ist alles richtig ätzend. Besonders deshalb, weil eigentlich jegliche Motivation fehlt. Bei meiner Arbeit ist kaum was Kreatives zu tun und es eigentlich nur Papierkrieg. Da ich auch irgendwie eine Art Pionierleistung vollbringe, habe ich niemanden, mit dem ich mich über eventuelle Ideen oder Fragen austauschen kann. Alle 2-3 Wochen schicke ich meinem Prof etwas, die Antworten darauf brauchen auch nochmal 1-2. Das ist also kaum Zusammenarbeit zu nennen. Niemand kann genau sagen, was am Ende bei rauskommen soll. Im Idealfall Weltumkrempeln mit Sahne obendrauf. Der Prof ist da mit seinen Aussagen auch nicht wirklich genauer und mit seinen "Das müsste doch auch noch schaffbar sein"-Pflichtfreiwilligkeiten auch nicht motivierend. Zusätzlich macht das beschissene Wetter vor meinem Fenster es auch unmöglich, gut Cachen zu gehen, zum Ausgleich. Klettern und Tauchen würde ich sehr sehr gerne gehen, fällt aber aus wegen isnich. Und letztlich hatte ich mir dann eine (zugegebener Maßen wenig abwechslungsreiche) "Ausgleichs"beschäftigung gesucht, von der ich gerade berichtete - auch das starb jetzt. Immerhin, eine Zusammenarbeit ist nicht mehr so unwahrscheinlich, schauma mal.
So, genug geheult :) Da muss ich jetzt durch, ich hatte ja sonst ein sehr chilliges Studium, gemessen an anderen - jetzt muss ich auch mal kotzen :) Ich schaff das schon. Und wenn alles gut läuft, steht in einem halben Jahr eine 1 vor dem Komma meines Master-Abschlusses. Schakka!